Verzicht auf Strafantrag bei Erschleichung von Beförderungsleistungen

René Hempel

Antrag zur Stadtratssitzung am 2. Mai 2024

Der Stadtrat möge beschließen:

Die Oberbürgermeisterin wird aufgefordert die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, damit bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ohne Fahrschein zukünftig keine Strafanträge mehr durch die MVB in Magdeburg getätigt werden. Die Regelung zum erhöhten Beförderungsentgelt beim Fahren ohne gültigen Fahrschein bleiben hiervon unberührt.

Wir bitten um Überweisung in den KRB und VWA.

 

Begründung:

Bei Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ohne gültigen Fahrschein wird durch die MVB ein erhöhtes Beförderungsentgelt von 60 € erhoben. Nach derzeitiger Gesetzgebung liegt bei Erschleichen von Leistungen darüber hinaus eine Straftat nach §265a StGB vor, deren Verfolgung auf Grund der Geringwertigkeit nach § 248a StGB jedoch nur auf Antrag erfolgt.

An der Einordnung des Fahrens ohne Fahrschein als Straftat regt sich bundesweit deutliche Kritik. 69 % der Befragten einer im März 2023 veröffentlichten repräsentativen Umfrage befürworten die Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein. (vgl. fragdenstaat.de/dokumente/237104-20230316_fragdenstaat_tabs/).

Tausende Menschen landen jedes Jahr im Gefängnis, weil eine Bezahlung eines Tickets für den Nahverkehr auf Grund fehlender finanzieller Mittel nicht möglich ist. Statistiken zeigen, dass Betroffene häufig arbeitslos (87 %), ohne festen Wohnsitz (15 %) und suizidgefährdet (15 %) sind. Bis zu einem Jahr Freiheitsentzug droht bei Fahren ohne Fahrschein.

Unberührt von einem Verzicht auf den Strafantrag nach § 265a bleibt die Regelung zur Erhebung eines erhöhten Beförderungsentgelts jedoch bestehen, sodass sich keine Benachteiligung zahlender Fahrgäste der MVB ergibt. Das erhöhte Beförderungsentgelt ist zur Sanktionierung ausreichend.

Niemand darf wegen eines fehlenden Tickets in Haft landen. Bis zu einer erwarteten Reform des § 265a StGB sollte daher in Magdeburg auf die Stellung von Strafanträgen wegen Fahrens ohne Fahrschein verzichtet werden.

 

Nadja Lösch und René Hempel
Fraktionsvorsitzende

A0115/24 Verzicht auf Strafantrag bei Erschleichung von Beförderungsleistungen
-> in die Ausschüsse verwiesen