Pilotprojekt – Vergütung von Praktika-Zeiträumen von Studierenden der Fachrichtung ‚Soziale Arbeit‘
Interfraktioneller Antrag zur Stadtratssitzung am 10. November 2022
Der Stadtrat möge beschließen:
Die Oberbürgermeisterin wird beauftragt, ein Pilotprojekt mit einer Laufzeit von mindestens 3 Jahren mit entsprechender Evaluation im Umfang von 30 Stellen zur Vergütung (tariflich mindestens Auszubildendenvergütung des letzten Lehrjahrs angelehnt) des letzten Anerkennungssemesters Soziale Arbeit Studierende*r in kommunalen Einrichtungen und Einrichtungen in freier Trägerschaft gleichermaßen aufzusetzen.
Für Studierende, die ihr Anerkennungssemester durch etwaige andere Qualifikationszeiträume nicht mehr ableisten müssen (nachweispflichtig), soll die Möglichkeit geschaffen werden, die jeweils anderen Pflichtpraktika Zeiträume auf eben jener o.g. Basis vergüten zu lassen.
Es ist ein Fördertopf mit entsprechender Förderrichtlinie aufzustellen und mit allen Beteiligten (Verwaltung, Vertreter*innen der Einrichtungen, Hochschule, Studierende) in einem partizipativen Prozess zu erarbeiten. Qualitative Kriterien für ein gelungenes Anerkennungs- oder Praktikumsemester sind unter Einbindung der Hochschule Magdeburg-Stendal festzulegen.
Die Oberbürgermeisterin wird beauftragt, für die Verbesserung der Situation der Soziale Arbeit Studierenden Gespräche auf Landesebene zu führen und eine über Pilotprojekte hinausgehende Lösung einzufordern.
Begründung:
Studierende der Sozialen Arbeit haben im Rahmen ihres Studiengangs mehrere Zeiträume von Pflichtpraktika zu absolvieren, um eine staatliche Anerkennung als pädagogische Fachkraft zu erhalten. Diese beziffern sich auf den gesamten Zeitraum eines Semesters und sind in einem Zeitumfang von 40 Stunden pro Woche zu absolvieren. Eine Vergütung ihrer Leistungen erfolgt selbst in Einsatzbereichen des öffentlichen Dienstes nicht oft, wie am Beispiel der Landesverwaltung und der Ministerien im Land Sachsen-Anhalt nachvollzogen werden kann. Die gesetzliche Möglichkeit für eine Entlohnung ist gemäß der Richtlinie der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Durchführung von Praktika und die Gewährung von Praktikantenvergütungen vom 01. Juni 2016 auf Grundlage von § 7 Abs. 2 Satz 3 gegeben, wenn „[...] die Voraussetzungen für das jeweilige Praktikumsverhältnis vorliegen“.
Für junge Menschen, die sich in ihrer Ausbildung befinden und sich nicht erst seit einer immer dynamischer werdenden Inflation in prekären Lebenslagen befinden, ist es in diesen Zeiträumen oftmals nur sehr bedingt möglich, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse oder andere
Einkommensmöglichkeiten in diesen Zeiträumen wahrzunehmen. Die Landeshauptstadt entlohnt hierbei nur, wenn es sich um Berufspraktika handelt – „Für Pflichtpraktika [...] sind Vergütungen ausgeschlossen“. Freie Träger, die ebenfalls häufig Anlaufstellen für die Studierenden für eben solche Pflichtpraktika sind, fehlt es in vielen Fällen an den nötigen finanziellen Ressourcen, um eine solche Entlohnung realisieren zu können.
Indes müssen gerade öffentliche Einrichtungen hierbei eine Vorbildfunktion einnehmen, um nicht der Annahme stattzugeben, prekäre Lebenslagen zu befördern und zu unterstützen. Insbesondere die Studierenden im Anerkennungssemester sind in der Theorie fertig ausgebildete Fachkräfte, die in den Einrichtungen mit ihrem erlangten Wissen in der Praxis ähnlich wie eine Fachkraft wirken. Eine Entlohnung ist nicht nur Ausdruck für ihre fachlichen Qualitäten, sondern auch eine Anerkennung ihrer Leistungen.
Durch die Einrichtung eines Pool-Modells würden zudem Träger in die Möglichkeit versetzt, analog zu den Einrichtungen der Landeshauptstadt Magdeburg eine entsprechende finanzielle Entlohnung für die angehenden Fachkräfte ohne eigene Mehrbelastungen umzusetzen.
Die anvisierte Finanzierung muss dabei zwangsläufig sowohl Studierende im Anerkennungssemester als auch eben diejenigen berücksichtigen, die dieses im Vorfeld ihres Studiums durch Ableiten eines sozialen Dienstes, bspw. einem FSJ o.ä., einschließen, damit allen Studierenden gleiche Möglichkeiten zur Inanspruchnahme dieser Aufwendung zu Gute kommen und jede Person entsprechend ihrer praktischen und theoretischen Erfahrungen entsprechend entlohnt wird.
Jens Rösler und Julia Brandt
Fraktionsvorsitzender und Stadträtin
SPD-Stadtratsfraktion
Madeleine Linke und Olaf Meister
Fraktionsvorsitzender
Fraktion GRÜNE/future!
Nadja Lösch und René Hempel
Fraktionsvorsitzende
Fraktion DIE LINKE
1 Vgl. Landtag von Sachsen-Anhalt (2022) – Drs. 8/1647: Praktika-Angebote aus dem Bereich der Sozialen Arbeit in den Landesministerien und deren nachgeordneten Bereichen. Beantwortung Fragen 1 und 2. S. 2 – 3.
2 Landeshauptstadt Magdeburg (2022) – Stellungnahme-Nr. S0316/22: Stellungnahme der Verwaltung zur F0193/22 – Fraktion DIE LINKE, Stadträtin Frau Lösch. Praxis-Angebote der Landeshauptstadt im Bereich der „Sozialen Arbeit“. Beantwortung der Fragen 1 und 1 c). S. 1 – 3 und S. 5.
A0230/22 Pilotprojekt – Vergütung von Praktika-Zeiträumen von Studierenden der Fachrichtung ‚Soziale Arbeit‘
S0053/23 Stellungnahme der Verwaltung
S0105/24 Stellungnahme der Verwaltung
-> der Antrag wurde geändert beschlossen
-> der Antrag wurde geändert beschlossen